Dying Light im Test: Parkour, Zombies & der Kampf ums Überleben

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Techland, die Entwickler hinter der erfolgreichen «Dead Island»-Reihe, wagten sich 2015 mit «Dying Light» erneut ins Zombie-Genre, versprachen jedoch eine deutlich agilere und dynamischere Erfahrung. Veröffentlicht von Warner Bros. Interactive Entertainment, schickt uns das Spiel in die fiktive, nahöstliche Stadt Harran, die nach einem Virenausbruch unter Quarantäne gestellt wurde.

Wir schlüpfen in die Rolle von Kyle Crane, einem verdeckten Agenten, der mit einer heiklen Mission in dieses Chaos entsandt wird. Doch ist «Dying Light» mehr als nur ein weiterer Zombie-Shooter?

Gameplay-Grundlagen

Das Herzstück von «Dying Light» ist zweifellos sein innovatives Bewegungssystem, das stark von Parkour inspiriert ist. Statt sich mühsam durch Zombiehorden zu kämpfen, liegt der Fokus auf flinken Manövern über den Dächern von Harran.

  • Freiheit durch Parkour: Spieler können springen, klettern, rutschen und sich an Vorsprüngen festhalten, um den Infizierten zu entkommen oder strategische Positionen zu erreichen. Dieses System, für das sogar Parkour-Pionier David Belle als Berater fungierte, verleiht dem Spiel eine einzigartige vertikale Dimension und ein hohes Maß an spielerischer Freiheit. In gewisser Weise wird das Spiel dadurch zu einem Action-Adventure mit Zombies als Bedrohung, vor der man weglaufen muss. Die Steuerung erfordert anfangs etwas Übung, geht aber bald in Fleisch und Blut über, besonders wenn man später den essenziellen Greifhaken (Grappling Hook) freischaltet, der die Fortbewegung nochmals revolutioniert.
  • Der dynamische Tag-Nacht-Zyklus: Harran verändert sich drastisch mit dem Sonnenstand. Tagsüber sind die Zombies eher träge und plump, was Spielern Raum für Erkundung, das Sammeln von Vorräten und das Erledigen von Missionen gibt. Nachts jedoch erwachen die gefährlicheren «Volatiles» – schnelle, aggressive und tödliche Kreaturen, die den Spieler unerbittlich jagen. Diese Phasen sind extrem spannungsgeladen und belohnen mutige Spieler mit mehr Erfahrungspunkten, setzen sie aber auch einem enormen Risiko aus.
  • Waffenbasierter Kampf und Crafting: Obwohl Flucht oft die beste Option ist, kommt man um Kämpfe nicht herum. Das Arsenal besteht primär aus Nahkampfwaffen – von Rohrzangen bis zu Macheten – die sich abnutzen und repariert werden müssen. Über ein umfangreiches Crafting-System können Spieler aus gefundenen Materialien und Blaupausen nicht nur Waffen verbessern (z.B. mit Elektro- oder Feuerschaden), sondern auch nützliche Gegenstände wie Medkits oder Molotowcocktails herstellen. Schusswaffen sind seltener und ihre Benutzung will gut überlegt sein, da der Lärm weitere Infizierte anlockt.
  • Durch Aktionen wie Kämpfen, Parkour und das Abschließen von Missionen sammelt Kyle Crane Erfahrung und kann neue Fähigkeiten in drei verschiedenen Skill-Bäumen freischalten. Dies ermöglicht eine Anpassung an den eigenen Spielstil und sorgt für ein spürbares Gefühl des Fortschritts.

Welt und Atmosphäre

Die Geschichte von Kyle Crane, der zwischen seiner Mission für die Organisation GRE und der Loyalität zu den Überlebenden in Harran hin- und hergerissen ist, erfindet das Rad nicht neu. Die Handlung wirkt manchmal vorhersehbar, mit klischeehaften Charakteren und einem uncharismatischen Hauptantagonisten. Die deutsche Synchronisation ist mehr schlecht als recht, und gelegentliche Probleme mit der Lippensynchronität können das Eintauchen in den Film stören.

Trotz dieser narrativen Schwächen überzeugt «Dying Light» mit einer dichten Atmosphäre und einer glaubwürdigen Spielwelt. Die Stadt Harran, unterteilt in die Slums und die später zugängliche Altstadt, ist detailreich gestaltet und lädt zur Erkundung ein. Der ständige Wechsel zwischen Tag und Nacht, die bedrohlichen Geräusche der Infizierten und die allgegenwärtige Gefahr erzeugen eine beklemmende Stimmung. Besonders die Nebenmissionen erzählen oft packendere und emotionalere Geschichten als die Hauptstory und zeigen das wahre erzählerische Potenzial von Techland.

Technische Aspekte

«Dying Light» basiert auf Techlands hauseigener Chrome Engine 6 und liefert, besonders für ein Spiel aus dem Jahr 2015, eine ansprechende Optik. Die Beleuchtungseffekte, Wetterbedingungen und die Weitsicht in der offenen Welt können beeindrucken. Der Soundtrack und die Soundeffekte tragen maßgeblich zur dichten Atmosphäre bei.

Allerdings war das Spiel zum Release und auch danach nicht frei von technischen Problemen. Berichtet wurde von gelegentlichen Framerate-Einbrüchen, kleineren Glitches und Textur-Pop-ins, die das Spielerlebnis zwar selten stark beeinträchtigten, aber dennoch auffielen.

Mehrspieler – Gemeinsam oder gegeneinander

«Dying Light» bietet verschiedene Mehrspieler-Modi:

  • Kooperativer Modus: Bis zu vier Spieler können gemeinsam die Kampagne bestreiten, Harran erkunden und sich den Herausforderungen stellen. Dieser Modus funktioniert gut und erhöht den Spaßfaktor erheblich, da Teamarbeit oft überlebenswichtig ist. Dynamische Herausforderungen, wie das Töten der meisten Zombies in einer bestimmten Zeit, sorgen für zusätzliche Abwechslung.
  • Zombie-Modus: Ein asymmetrischer PvP-Modus, bei dem ein Spieler als mächtiger Nachtjäger (Night Hunter) in die Spiele anderer eindringt und versucht, diese zu eliminieren. Ein interessantes Konzept, das jedoch mitunter unter Balancing-Problemen und Verbindungsschwierigkeiten litt.

Langzeitmotivation und Erweiterungen

Techland hat «Dying Light» über Jahre hinweg mit kostenlosen Updates, neuen Inhalten und kostenpflichtigen DLCs unterstützt. Besonders die umfangreiche Erweiterung «The Following» wurde von Kritikern und Spielern gelobt, da sie eine neue, ländlichere Karte, Fahrzeuge und eine Fortsetzung der Story einführte. Diese vorbildliche Produktpflege hat maßgeblich zur Langlebigkeit des Titels beigetragen.

Urteil

«Dying Light» ist weit mehr als nur ein «Dead Island» mit Parkour. Es ist ein ambitioniertes Survival-Horror-Spiel, das durch sein einzigartiges Bewegungssystem, den spannenden Tag-Nacht-Zyklus und eine dichte Atmosphäre überzeugt. Die packenden Parkour-Einlagen über den Dächern von Harran, die ständige Bedrohung durch die Infizierten (besonders nachts) und das befriedigende Crafting-System sorgen für ein intensives Spielerlebnis.

Zwar leidet das Spiel unter einer eher generischen Hauptstory und gelegentlichen technischen Unsauberkeiten, doch die spielerische Freiheit, der gut umgesetzte Koop-Modus und die beeindruckende Langzeitunterstützung durch die Entwickler machen diese Schwächen mehr als wett. Wer ein packendes Zombie-Abenteuer mit innovativem Gameplay sucht und über erzählerische Klischees hinwegsehen kann, findet in «Dying Light» einen fesselnden Titel, der auch Jahre nach seinem Erscheinen noch zu begeistern weiß.

Stärken:

  • Exzellentes Parkour-System mit viel Bewegungsfreiheit
  • Spannender und dynamischer Tag-Nacht-Zyklus
  • Dichte, bedrohliche Atmosphäre
  • Umfangreiches Crafting- und Skillsystem
  • Unterhaltsamer Koop-Modus
  • Langjährige Unterstützung durch die Entwickler

Schwächen:

  • Eher klischeehafte und vorhersehbare Hauptstory
  • Gelegentliche technische Probleme (Framerate, Störungen)
  • Anfangs etwas träges Kampfsystem
  • Gleichgewichtsprobleme im Zombie-Modus

Lukas Müller

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